Achtsamkeit im Alltag: Beschreibe die Rolle, die du im täglichen Leben spielst

30Tage Ausgerechnet Tag 3 meines Projektes „30 Tage schreiben“ stößt mich auf eine Frage, die mir Schwierigkeiten bereitet: „Beschreibe die Rolle, die du im täglichen Leben spielst!„Mir stößt die Frage unangenehm auf und in mir regt sich Widerstand. Ich spiele keine Rolle, ich bin echt. Ich gebe nicht vor, etwas zu sein, das ich nicht bin. Aber genau das suggeriert die Fragestellung doch, oder?

Ich bin Mutter, Ehefrau, Arbeitnehmerin, Kollegin, Freundin, Nachbarin, Kundin, Tochter, Schwester, Hausfrau, Bloggerin, Twitterin, Autofahrerin, seltener Discobesucherin oder Sportlerin. In allen Bereichen lebe ich Fähigkeiten aus und stoße an meine Grenzen. Als Mutter an anderen Stellen wie als Arbeitnehmerin. Arbeitskollegen erleben mich wiederrum anders als meine Kinder (zum Glück). Meine Freundinnen kennen mich besser als die Nachbarn und auf Twitter gebe ich im Rahmen von 140 Zeichen Ausschnitte aus meinem Leben preis, manchmal überspitzt und übertrieben oder bewusst provokant, aber immer wahr. Ich schlüpfe tagtäglich in viele verschiedene Rollen, aber jede entspricht mir. Zwischen den verschiedenen Rollen gibt es Schnittmengen, aber auch Unterschiede.

Eine Rolle spielen – das ist eine einseitige Darstellung und klingt so, als hätte man alles im Griff, könne spielen, wie man wolle und vernachlässigt komplett die Wechselwirkung der Interaktion. Als Arbeitnehmerin möchte ich professionell, souverän und kompetent sein, aber ich „spiele“ diese Rolle nicht. Ich versuche es zu sein, auch wenn es manchmal nicht gelingt (vgl. Nicht persönlich nehmen). Als Mutter bin ich Vorbild, angemessen streng, mal albern, mal die Trösterin oder Köchin und immer geduldig. Nein, Späßle gemacht, geduldig wäre ich gerne immerzu, aber besonders hier greift die Wechselwirkung.

Manchmal trifft man auf Menschen, da ist man ganz und gar nicht so, wie man sein will. In der Vergangenheit war ich Bestandteil einer Gruppe, die extrem geringschätzend mit Menschen umging. Ich fühlte mich immer fehl am Platz und ließ mich – mit dem Wunsch dazu gehören zu wollen – hin und wieder zu einem Kommentar hinreißen, der mir im Nachhinein so gar nicht gefällt. Als ich es merkte und mich distanzierte, hattte das Folgen, aber ich war mir wieder näher.

Vielleicht steckt in dieser Frage doch viel mehr, als ich ahnte. Welche Rolle spiele ich mit, obwohl sie gar nicht meinen Vorstellungen und meinem Sein entspricht? Oder anders: Wo spiele ich nicht meine Rolle, sondern ihre/seine?

Und doch: Als ich diesen Text fertig hatte, fiel mir noch etwas ein. Ich spiele oft die Unverletzte, die, der das gerade gar nix ausmacht. Eine, die sich nicht anmerken lässt, dass sie tage- und nächtelang über etwas grübelt und kaum essen kann. Eine, die in Wirklichkeit alles mit sich selbst ausmacht und immer erst im Nachhinein über ihre Erkenntnisse erzählen kann. Dann, wenn sie nicht mehr weint, wenn sie nicht mehr in der Verletzung steckt, dann wenn wieder alles cool ist.

Siehe auch:

Achtsame Selbstreflexion – 30 Tage schreiben
Achtsamkeit im Alltag

 

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5 Antworten zu Achtsamkeit im Alltag: Beschreibe die Rolle, die du im täglichen Leben spielst

  1. Sam schreibt:

    Da bin ich ganz bei Dir! Wir leben unser Leben, ich kann mich auch schlecht damit abfinden, in jeder Lebenssituation eine (andere) Rolle spielen zu müssen. Wir versuchen doch lediglich unsere Aufgaben zu meistern und den Erwartungen in den jeweiligen Situationen gerecht zu werden. Wichtig dabei, ist doch eigentlich, dass wir unsere eigenen Erwartungen an uns selbst nicht aus den Augen verlieren. Auch ich versuche, leider nicht immer erfolgreich, mir selbst treu zu bleiben.

    Dein letzter Abschnitt könnte auch von mir stammen. Es ist immer leichter, hinterher über gelöste Probleme zu reden, als wenn man noch mittendrin steckt. Ich habe mich schon oft gefragt, ob das eine gesunde Vorgehensweise ist?! Und schon oft versucht, daran etwas zu ändern. Dabei habe ich festgestellt, nicht immer, dass es manchmal richtig gut tut, mittendrin ehrlich zu seinen Gefühlen zu stehen und auszusprechen, was gerade nicht passt. Das hilft ungemein gegen durchgegrübelte Nächte und verweinte Augen. Es ist verdammt schwer, wie ich finde, aber würde uns wahrscheinlich, in all unseren Rollen, enorm weiterhelfen?

    • vomwerdenzumsein schreibt:

      Ich glaube nicht, dass unsere Vorgehensweise falsch oder zwingend ungesund ist. Ich komme gut damit klar. Vermutlich verletzen wir damit hauptsächlich die, die uns nahe sein (wollen) und die wir in dem Moment nicht lassen. Und vemutlich entgeht uns auch was (Stichwort Nähe).

      • Sam schreibt:

        Darauf wollte ich hinaus. Auch für mich ist es so leichter, hat wohl irgendwie mit Selbstschutz zu tun. Und helfen können die, die es wollen, in der akuten Situation meistens auch nicht.

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